Spenden zwischen Gutes tun und Pflicht

Opusculum 139 | 10.08.2020 | Wie spenden Muslime in Deutschland? Bisher lagen kaum Erkenntnisse darüber vor, wann und wieviel Muslime in Deutschland spenden, welche Motive für sie wichtig sind und für wen und für welche Ziele sie spenden. Eine Studie zum muslimischen Spendenverhalten in Deutschland

Zusammenfassung der Studie

Spendenhöhe der Befragten Muslime höher als beim Durchschnitt der Gesamtbevölkerung

Die Ergebnisse der Online-Befragung von Spendern der Nichtregierungsorganisation „Islam Relief“ zeigen, dass die muslimischen Spenderinnen und Spender im Vergleich mehr als der Durchschnitt der nicht-muslimischen Mehrheitsgesellschaft spenden. Die befragten Muslime spenden durchschnittlich 452 Euro im Jahr. Es bestätigen sich in der hier vorliegenden Studie die explorativen Umfrageergebnisse einer britischen Studie, die das Spendenverhalten von Muslimen in Großbritannien untersuchte und feststellte, dass Muslime ähnlich hohe und teilweise überdurchschnittlich hohe Beträge spenden als der Gesamtdurchschnitt der Briten.

Soziodemographische Merkmale und Spendenverhalten

Darüber hinaus deckt sich das Spendenverhalten der muslimischen Islamic Relief Spenderinnen und Spender mit soziodemographischen Merkmalen anderer Spendergruppen in Deutschland. Die älteren Teilnehmenden spenden häufiger höhere Beträge als die Jüngeren. Die Spenderinnen und Spender mit höherem Einkommen spenden höhere Beträge als die Personen mit niedrigem Einkommen, wobei viele der Personen trotz geringerem Einkommen häufiger mittlere Beträge (101 bis 500 Euro) spenden als Kleinbeträge. Auch das Geschlecht spielt eine Rolle: Frauen spenden höhere Beträge und durchschnittlich häufiger als Männer.

Die Spendenbereiche und die Personengruppen, denen die Spenden zugutekommen, decken sich weitestgehend mit dem Spendenverhalten aller Bürgerinnen und Bürger. In der Umfrage zeigt sich, dass in den Bereichen der Armenfürsorge sowie der humanitären Hilfe – dabei vor allem der Not- und Katastrophenhilfe – am meisten gespendet wird. Unterschiede werden hinsichtlich der Geflüchtetenhilfe sichtbar. Während nur 3% aller in Deutschland Lebenden für diesen Themenbereich spenden, sind es unter den Muslimen 12%. Hier liegt es nahe, dass eigene Fluchterfahrungen und Solidarität mit den häufig aus muslimisch geprägten Ländern stammenden Geflüchteten ein Grund dafür sind. Insgesamt kommen die Spenden hauptsächlich sozial schwachen Menschen, Kindern und Jugendlichen sowie kranken Menschen und Menschen mit Behinderung zugute

Religiosität und Spendenverhalten

Der im Durchschnitt höhere Spendenbeitrag ist bei den befragten Muslimen insbesondere in ihrer Religiosität begründet. Muslime, die den Islam strenger praktizieren spenden häufiger und mehr als Muslime, die sich ihrer Religion nicht so stark verbunden fühlen. Als wichtigstes Motiv des Spendens wird dementsprechend auch der religiöse Beweggrund angegeben, gefolgt vom Mitgefühl mit anderen Menschen.

Die religiöse Sozialabgabe Zakāt – 2,5% des jährlichen Kapitalvermögens eines Gläubigen – wird dabei von der überwiegenden Mehrheit der Be-fragten (90%) als religiöse Pflicht wahrgenommen. Lediglich 8% empfinden Zakāt als freiwillige Spende. Die Mehrheit der Befragten (40%) geben an, am häufigsten im Rahmen der Sadaqa (freiwillige Gabe) zu spenden.

Spenderadressierung

Über die glaubensbezogene Motivation hinaus ist eine gute religiöse Infrastruktur für das Spenden der Menschen förderlich. Vor allem Frauen geben an, am häufigsten in der Moschee bzw. durch den Imam auf Spendenprojekte aufmerksam gemacht zu werden. Aus der Sicht von gemeinnützigen Organisationen, dessen Ziel es ist Spenderinnen und Spender anzusprechen, ist es von Vorteil zu wissen: Sowohl die Ansprache in klassischen Formen – vor Ort und über Freunde und Bekannte –, als auch Formen des Online-Fundraisings sind mittlerweile erfolgreich. Für Spenderinnen und Spender, die nach Informationen suchen, sind die Homepages der Organisationen bzw. die der Spendenplattformen die primären Quellen. Vor allem Männer werden jedoch auch erfolgreich über die sozialen Medien angesprochen, was eine zielgruppenorientierte Ansprache in unterschiedlichen Kanälen plausibel macht.

Siri Hummel

Dr. Siri Hummel

Direktorin des Maecenata Instituts
sh@maecenata.eu

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Eckhard Priller

Dr. sc. Eckhard Priller

Wissenschaftlicher Koordinator
Maecenata Institut

ep@maecenata.eu

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Rupert Strachwitz

Dr. phil. Rupert Graf Strachwitz

Vorstand der Maecenata Stiftung
rs@maecenata.eu

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