20.10.2022 I Rupert Strachwitz: Bei aller Trauer und trotz deutlicher Hinweise auf viele Schwierigkeiten klang letztlich auch Zuversicht, ja Optimismus heraus, nicht zuletzt hinsichtlich der Chancen für die Zivilgesellschaft, zu Stabilität und Entwicklung beizutragen.
Die Deutsch-Arabische Freundschaftsgesellschaft, die Konrad-Adenauer-Stiftung und das MENA Study Centre der Maecenata Stiftung hatten zu einer gemeinsamen Veranstaltung unter dem Titel ‚Wohin entwickelt sich der Irak?‘ eingeladen, die am 19. Oktober in Anwesenheit der Botschafter des Irak, Algeriens und der Arabischen Liga stattfand. Im Mittelpunkt standen zwei irakische Autorinnen, die auf dem Weg zur Frankfurter Buchmesse in Berlin Station machten, um aus der Perspektive der zivilgesellschaftlichen Initiative Inana über das Leben im Irak zu berichten.
Nach der Begrüßung durch den Botschafter wurden Aliya Talib und Alyaa al-Maliky zunächst von Prof. Udo Steinbach zu aktuellen Entwicklungen befragt. Beiden war wichtig, zum einen auf die Situation der Frauen hinzuweisen, zum anderen aber deutlich zu machen, daß der Blick von außen, namentlich in den Medien, keineswegs immer das widerspiegelt, was sich tatsächlich dort abspielt. Inzwischen gibt es wieder ein reges zivilgesellschaftliches Leben, das an frühere Traditionen anknüpft und von viel Engagement getragen ist. Vereine und Publikationsorgane gibt es wieder zahlreiche. Kritik an der Einmischung ausländischer Mächte, auch der USA, war unüberhörbar. Deutlich war auch der Hinweis, daß der konfessionelle Gegensatz zwischen Sunniten und Schiiten zwar noch in der politischen Instrumentalisierung eine Rolle spielt, aber immer weniger im Leben der Bürgerinnen und Bürger, die zu einer von Toleranz getragenen Koexistenz zurückgekehrt sind. Ausdrücklich sprach Aliya Talib in diesem Zusammenhang vom gemeinsamen „irakischen Blut“.
Nach einer kurzen Diskussionsrunde schloß sich eine Lesung der beiden Autorinnen aus ihren Beiträgen in der soeben auf arabisch und deutsch erschienenen 2. Anthologie mit ausgewählten Prosa- und Lyrikbeiträgen irakischer Frauen an. Den Titel Inana für Initiative und Buch hatten sie und die Mitherausgeberin Birgit Svensson in Anknüpfung an eine Göttin der Sumerer im späten 3. Jahrtausend v. Chr. gewählt. Eine Darstellung der Inana ziert den Einband, ein deutlicher Hinweis auf das Geschichtsbewußtsein der heutigen Irakerinnen.
Bei aller Trauer und trotz deutlicher Hinweise auf viele Schwierigkeiten klang letztlich auch Zuversicht, ja Optimismus heraus, nicht zuletzt hinsichtlich der Chancen für die Zivilgesellschaft, zu Stabilität und Entwicklung beizutragen.
Die inzwischen zweite Anthologie zeitgenössischer Autorinnen aus dem Irak Mit den Augen von Inana (herausgegeben von Amal Ibrahim al-Nussairi und Birgit Svensson, Übersetzung Stephan Milich und Günther Orth) ist 2020 im Schiler & Mücke Verlag erschienen.