„Die jüngste und letzte Universitätsgründung im Deutschen Kaiserreich war in vieler Hinsicht etwas Besonderes. Sie war – und blieb – die einzige Stiftungsuniversität, die es in der deutschen Geschichte gegeben hat.“[1]
In diesem Jahr feiert die Universität Frankfurt ihr 100jähriges Bestehen. Die Gründung der Frankfurter Universität war ein Unikat. 1914 wurde in Frankfurt am Main zum ersten Mal eine rein aus privaten Mitteln Frankfurter Bürger gegründete Stiftungs-Universität eröffnet. Damit gilt die Frankfurter Universität als „eindrucksvolles Beispiel eines Vereins- und Stiftungsnetzwerkes“[2]. Mit 14 Mio. Goldmark war sie neben Berlin die bestausgestattete preußische Hochschule.[3] In Preußen-Deutschland waren Universitäten als „Veranstaltungen des Staates“ etabliert. Die Frankfurter Bürgerschaft positionierte sich mit der Idee einer Stiftungsuniversität scheinbar eindeutig dagegen: War sie etwa bewusst als „gestifteter Protest“ gegen die preußische Staatsgewalt und deren „Universitätsmonopol“ vorgesehen?
Die vorliegende Hausarbeit soll versuchen, auf diese Frage eine Antwort zu geben. Dazu soll zunächst anhand eines kurzen Abrisses die Situation der Wissenschaften und Stiftungen im Kaiserreich gegeben werden. Anschließend wird speziell die Ausgangslage in Frankfurt beleuchtetet werden. Die folgende Vorgeschichte zur Gründung der Universität soll aufgrund des Umfangs dieser Arbeit lediglich an den wichtigsten Personen und Gründungs-Instituten festgemacht werden. Insbesondere die Rolle der (jüdischen) Stiftungen wird hierbei hervorgehoben. Der nächste Teil der Arbeit stellt die Verhandlungen und Diskussionspunkte mit dem preußischen Staat vor. Dabei wird insbesondere der erste Bericht des Frankfurter Oberbürgermeisters Adickes 1909 an das Kultusministerium zwecks Gründung einer Universität analysiert. Die Vorstellung der Denkschrift und des Stiftungsvertrags von 1912 bilden den Abschluss dieser Arbeit. Abschließend soll mit einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung die Gründung der Stiftungsuniversität Frankfurt[4] beurteilt werden.
[1] Hammerstein, Notker: Die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main. Band 1: Von der Stiftungsuniversität zur staatlichen Hochschule: 1914-1950, Göttingen 2012, S. 17.
[2] Roth, Ralf: Jüdische Stiftungsaktivitäten und Universitätsgründungen: Die Beispiele Frankfurt und Hamburg. In: Thomas Adam, Manuel Frey, Graf Rupert Strachwitz (Hg.): Stiftungen seit 1800. Kontinuitäten und Diskontinuitäten, Stuttgart 2009, S. 166.
[3] Bei den „spektakuläre Großstiftungen“ entfielen 1908 bis 1914 auf die Universität Frankfurt allein 17 Mio. Mark. Zusammen mit den 14 Mio. für die Kaiser-Wilhelm Gesellschaft waren das über 75 % der Spendengelder dieser letzten Vorkriegsjahre (Vgl. Spenkuch, Hartwin: Bürgersinn und Staatshoheit. Stiftungen und Schenkungen für wissenschaftliche Zwecke 1890-1918. In: Wolfgang Neugebauer (Hg.): Kulturstaat und Bürgergesellschaft: Preußen, Deutschland und Europa im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Berlin 2010, S. 244).
[4] Befasst man sich mit der Gründungsgeschichte der Universität, so kann man zwei Grundlagenwerke benennen, die auch in so gut wie aller neueren Literatur zur Gründung der Universität vielfach zitiert werden. Zum einen ist „Die Gründung der Universität Frankfurt“ verfasst von Richard Wachsmuth hervorzuheben. Wachsmuth gibt als erster Rektor der Universität und Professor für Experimentalphysik als Zeitzeuge einen mit zahlreichen Original-Quellen versehenen umfangreichen Überblick über die Gründungsgeschichte der Frankfurter Universität. Das zweite Standardwerk wurde 1972 von dem Historiker und Professor für Mittlere und Neuere Geschichte an der Universität Frankfurt Paul Kluke verfasst und trägt den Titel „Die Stiftungsuniversität Frankfurt am Main 1914-1932“.