Die Hermann Sudermann Stiftung im Ost-West-Gefüge

Opusculum 77 | 01.11.2014 | Entgegen gängiger Praxis wurde die Westberliner Hermann Sudermann Stiftung, der ein Schloss im Brandenburgischen gehörte, zu DDR-Zeiten nie enteignet. Diese bemerkenswerte Unterlassung gab den Anlass, die Geschichte der 1929 gegründeten Stiftung zu erforschen. Über alle stiftungseigene Historie hinaus vermag die Geschichte der Hermann Sudermann Stiftung exemplarisch Einblick in die besondere Situation betroffener Stiftungen zu geben, die, im Westen angesiedelt, über Eigentum in der DDR verfügten.

 

Jede Gesellschaft verweist gern auf ihr reges kulturelles Leben und rühmt sich der Vielzahl ihrer Schriftsteller. Doch nur die wenigsten unter ihnen finden ihr finanzielles Auskommen oder erzielen gar einen großen wirtschaftlichen Erfolg, und sehr selten sind jene Autoren, die den erreichten Wohlstand gemeinnützig einsetzen. Einer dieser seltenen Ausnahmeschriftsteller ist Hermann Sudermann (1857 – 1928) gewesen. Um-jubelter und meist gespielter Theater-schriftsteller der Wilhelminischen Ära und geschätzter Romancier, erwirtschaftete er mit seinen Werken ein großes Vermögen. Doch damit nicht genug, dachte er an seinem Lebensende darüber nach, wie er seinen Kollegen helfend zur Seite stehen könnte. Selbst aus ärmlichen Verhältnissen stammend – sein Vater war Bierbrauer im ostpreußischen Heydekrug gewesen – hatte er während seiner Studienjahre Hunger und Armut am eigenen Leibe erfahren und sich seinen Aufstieg zum einflussreichen und gefeierten Theaterautoren mühsam erkämpfen müssen. Kollegen in ähnlicher Lage sollte es besser ergehen, wofür ihm sein südlich von Berlin gelegenes Schloss Blankensee der rechte Ort schien. In seinem Testament vom 30. Mai 1928 verfügte er: „Es (das Schloss, Anm. d. Verf.) soll dann dem Verbande Deutscher Bühnenschriftsteller u. Bühnenkomponisten und dem Verbande deutscher Erzähler als gemeinsames Eigentum zufallen – und zwar als Zufluchtstätte für kranke und bedürftige Mitglieder, doch nicht für deren Familien.“

Dr. Karen Bork

Dr. Kunsthistorikerin und Germanistin; Journalistin für den Bereich Architektur und Stadtentwicklung. Sie leitet seit 2010 als Geschäftsführender Vorstand die Hermann Sudermann Stiftung.

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