Philanthropie und Stadtentwicklung sind die beiden zentralen Begriffe des Titels dieser Veröffentlichung. Während diese in einem eigenen Kapitel in Zusammenhang gebracht werden, sollen einleitend die lokalen Voraussetzungen für philanthropisches Engagement am Beispiel der Stadt Wuppertal vorgestellt werden. Hierbei kann auch auf Erkenntnisse des DFG geförderten Projektes „Die geschenkte Stadt – Mäzenatentum in der deutschen Stadtentwicklung“ zurückgegriffen werden (Faller u. Wiegandt 2010). In einer ersten Einschätzung der Situation des Mäzenatentums in Wuppertal wird dieses Engagement als eine „gefährdete Tradition“ bezeichnet und bezieht sich damit sowohl auf die stadthistorische als auch aktuelle Ausganssituation. Demnach geht die philanthropische Tradition auf die frühindustrielle Geschichte Wuppertals zurück, in der „sowohl die Armenfürsorge als auch der Aufbau eines städtischen Kulturlebens (…) primär in der Hand der wohlhabenden Bürger (lagen)“ (Faller u. Wiegandt 2010: 333 f.). Während sich damals in den Zentren der Textilindustrie und des Handels, den heutigen Stadtteilen Barmen und Elberfeld, erhebliche Mengen an Kapital ansammeln konnten, ist „die jüngere Wirtschaftsentwicklung (…) eher vom Niedergang geprägt“ (ebd.: 334). Die Folge daraus ist eine leere Stadtkasse. Seit 1992 steht der städtische Haushalt durch ein Haushaltssicherungskonzept unter Aufsicht der Bezirksregierung Düsseldorf. Gleichzeitig ist die Stadt durch erhebliche Bevölkerungsverluste in wirtschaftlich besser gestellte Regionen gekennzeichnet. In den letzten zehn Jahren (2000-2009) schrumpfte die Bevölkerungszahl um 4,2 % auf ca. 351.000. Das Wanderungssaldo, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, betrug -2,1 % (Statistische Ämter des Bundes und der Länder: 2011). Zurück bleiben die älteren Bewohner über 65, deren Zahl sich sowohl absolut (von ca. 66.000 auf 76.000) als auch relativ zur Gesamtbevölkerung (von 17,9 % auf 21,6 %) erhöhte (ebd.). Diese Werte liegen deutlich über dem Landes- und Bundesdurchschnitt.
Gerade in Zeiten finanzieller Engpässe der öffentlichen Hand spielt das Engagement wohlhabender Bürger und ihrer Stiftungen für die Durchführung einzelner Maßnahmen eine große Rolle (Faller u. Wiegandt 2010: 334). Doch wie und wo entscheidet sich, welche privat finanzierten Maßnahmen unterstützt werden? Welche Institutionen und persönlichen Verbindungen verbergen sich hinter den gemeinnützigen Gaben? Und zuletzt: Welchen Stellenwert hat ein solches Netzwerk für die Stadtentwicklung? Diese im Verlauf des Forschungsprojekts aufgekommenen Fragen sind Ansatzpunkt der vorliegenden Veröffentlichung. Mit Hilfe einer Netzwerkanalyse sollen die Strukturen des philanthropischen Netzwerks kenntlich gemacht und zentrale Akteure ermittelt werden (Kapitel 4). Die Daten des Netzwerks wurden durch eine umfassende Internetrecherche erhoben, welche durch gezielte Anfragen bei Institutionen ohne Internetauftritt unterstützt wurden. Die Sammlung der Daten der Personen und Institutionen fand in einer Datenbank statt, welche als Matrix die Grundlage der Netzwerkanalyse darstellt. Zunächst werden jedoch die eingangs genannten Begriffe Philanthropie und Stadtentwicklung in Zusammenhang mit den Fragestellungen dieser Arbeit eingeordnet (Kapitel 2). Daran anschließend werden die für die Interpretation des philanthropischen Netzwerks notwendigen Auswertungsverfahren der Netzwerkanalyse kurz vorgestellt (Kapitel 3).