Die Bundesrepublik Deutschland basiert auf einer politischen Ordnung, welche von einem normativen Standpunkt aus dafür zu sorgen hat, dass Umverteilung, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit erfolgen und gesichert werden. Mit der Krise des deutschen Wohlfahrtsstaates verschob sich das Machtverhältnis zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft, wobei letztere an Bedeutung gewann, was nicht zuletzt auch auf ein Wachstum der Philanthropie und des Stiftungssektors zurückgeführt werden kann (vgl. Anheier/Appel 2004: 8). Das Stiften und private Geben beschränkt sich dabei aber keineswegs auf das Sozialwesen, sondern deckt auch weitere gesellschaftliche Felder, beispielsweise das Kulturwesen, ab. Mit der Kräfteverschiebung fort vom Staat und der philanthropisch-stifterischen Expansion stellen sich jedoch auch die Fragen, was die Philanthropie und was Stiftungen leisten können oder was sie leisten sollten, welche gesellschaftlichen Konsequenzen ihre Diffusion mit sich bringt und inwiefern sie überhaupt der Zivilgesellschaft zugeordnet werden können. Fragen, die auch die Legitimität dieser Formen sozialen Handelns problematisieren.Um der Frage nach der Legitimität der Philanthropie und der Stiftung nachzugehen, werden wir zunächst die historische Entwicklung des Stiftungswesen und der Philanthropie in Deutschland nachzeichnen und darauf folgend zentrale Begriffe und deren theoretische und gesellschaftliche Einbettung näher erläutern. Danach wird das Konzept der Legitimität und im Speziellen der organisationalen Legitimität, gemäß der Theorie des Neoinstitutionalismus, genauer bestimmt und im Anschluss auf die Organisationsform Stiftung angewendet. Die Betonung organisationaler Legitimität für Stiftungen weicht von der bisherigen Debatte um die Legitimität von Stiftungen ab, welche sich bisher hauptsächlich auf den rechtlichen Aspekt der Legitimität, damit also auf die Legalität, und auf demokratietheoretische Argumentationen beschränken. Am Fallbeispiel der Bertelsmann Stiftung wird anschließend die Frage der Legitimität der Stiftung genauer untersucht. Hierbei werden nicht nur die Aktivitäten der Stiftung kritisch analysiert und bewertet, sondern auch die Interessen zentraler Akteure beleuchtet und auf etwaige Widersprüche zu dem allgemeinen Anspruch – Förderung des Allgemeinwohls und der Zivilgesellschaft – geprüft. Die Frage der Effizienz, wobei zum einen das vermeintlich effiziente Arbeiten der Stiftung als auch ihr gesellschaftlichen Auftrag, die Gesellschaft nach Effizienzkriterien zu verändern, findet dabei ebenso Berücksichtigung, wie die Strategien der Stiftung sich zu legitimieren.
Im zweiten Fallbeispiel wird die Legitimität philanthropischen Handelns am Beispiel des von amerikanischen Milliardären initiierten Großspendenaufrufs „The Giving Pledge― diskutiert. Nach einer Einführung in das Spendenprojekt wird zunächst der Frage der Motivation der beteiligten Personen nachgegangen, dabei finden im Besonderen ökonomische Theorien individuellen Handelns Anwendung, welche auf den philanthropischen Anspruch des Vorhabens bezogen werden. Darauf aufbauend werden Fragen, wie die der Legitimierung dieses Aktes individueller Selbstermächtigung, der zivilgesellschaftlichen Einbettung des Projektes, der Gemeinwohlorientierung und möglichen Effekte für die Bereitstellung kollektiver Güter problematisiert. Der World Polity Ansatz von John W. Meyer (1980) liefert dabei nützliche Anhaltspunkte, wie die Emergenz dieser Form sozialen Handelns legitimiert wird, beziehungsweise wurde. Abschließend werden die Diskussionspunkte aus den zwei Fallbeispielen wieder aufgenommen und damit die Frage der Legitimität der Stiftung und der Philanthropie noch einmal aufgeworfen. Angeleitet durch die Ergebnisse werden letztlich Kriterien für eine zusätzliche Legitimierung der Fallbeispiele Stiftung Bertelsmann und The Giving Pledges aufgestellt.