Eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung zur öffentlichen Wahrnehmung von Stiftungen kam 2005 zu dem Ergebnis, dass nur die Hälfte aller Deutschen mit dem Begriff ‚Stiftung’ etwas anfangen kann. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass viele Stiftungen über ihre Arbeit wenig berichten. Bundespräsident Köhler hat deshalb auf der Jahrestagung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen 2005 mehr Transparenz im Stiftungswesen gefordert. Das Maecenata Institut trägt dieser Forderung Rechnung und veröffentlicht eine Auswahl von Informationen zu bedeutenden deutschen Stiftungen und Stiftungsverwaltungen.
In aller Regel werden Auflistungen zu deutschen Stiftungen nur in Form von ’Rankings’ veröffentlicht, etwa nach der Höhe des Stiftungsvermögens oder dem jährlichen Ausgabevolumen. Das Maecenata Institut weist seit mehreren Jahren darauf hin, dass derartige Listen problematisch und oft irreführend sind. Die nachstehende Stiftungsrecherche reduziert die Stiftungsporträts, die formal stets gleich aufgebaut sind, daher nicht auf Vermögensangaben.
Im ersten Abschnitt geht es jeweils um Ursprung und Leitbild der Stiftung, sofern diese Auskunft über die Positionierung der Stiftung geben können. Der zweite Abschnitt stellt den Aspekt der strategischen Philanthropie in den Mittelpunkt, also etwa die Frage, mit welchen Verfahrenstechniken und Strategien die Stiftung ihre Ziele am besten umzusetzen glaubt. Was wird dabei unter operativ und was unter fördernd verstanden? Welche Ansprüche werden an Partner und Projekte gestellt? Der dritte Abschnitt enthält Ausführungen zu den Förderschwerpunkten und nennt jeweils Einzelbeispiele. Da die untersuchten Stiftungen häufig Hunderte Projekte gleichzeitig betreiben oder fördern, konnte es hier nur darum gehen, beispielhaft zu illustrieren oder mögliche Interpretationshorizonte zu erschließen.
Die Porträts beleuchten die jeweiligen Stiftungen schlaglichtartig, um Einstiege und Anhaltspunkte für eine Diskussion über Selbstverständnis und Strategien im philanthropischen Handeln zu ermöglichen. Es konnte weder darum gehen, den einzelnen Stiftungen in der Vielfalt ihrer Handlungs- und Kommunikationsformen gerecht zu werden, noch gar darum, wissenschaftliche Erkenntnisse, repräsentative Aussagen oder Handlungsempfehlungen zu entwickeln.
Gleichwohl entstehen bei der Erarbeitung solcher Porträts Eindrücke und Überlegungen über Strukturen und Problembereiche, die sich wiederholen oder einander als Kontrast gegenüber stehen. Einige davon seien kurz benannt.
1. Es gibt Förderprinzipien, die von den jeweiligen Stiftungen, die sie als Inkarnation richtiger Stiftungsarbeit hochhalten, zugleich implizit dementiert werden. So wird mehrfach beschworen, wie zentral und wichtig eine Befristung aller Förderaktivitäten und Maßnahmen ist. Die gleichen Stiftungen präsentieren aber davon unberührt gerade solche Maßnahmen, die teilweise seit Jahrzehnten durchgeführt werden und zu ‚Markenzeichen’ geworden sind. Entscheidend ist dabei weniger, dass die Stiftungen von eigenen Prinzipien abweichen, sondern dass sie dies mit der Aussage verbinden, wie wichtig das jeweilige Projekt für die Stiftung als Ganzes geworden ist.
2. Stiftungen, die von der öffentlichen Hand gegründet wurden, fehlt von Ursprung, Leitbild und Ausrichtung her jede Form von Eigensinnigkeit. Sie definieren sich klar über die jeweilige Rationalität von Programmrichtlinien, Prozeduren u.ä. mit entsprechend abstrakten Begriffen als akzeptablen Bezugsgrößen. Eine gewisse bürokratische Strukturierung ist bei ihnen nicht zu übersehen.
3. Bei den von privaten Stiftern initiierten Stiftungen kann man zwischen „systematisch eigensinnigen“ und „unsystematisch eigensinnigen“ unterscheiden. Als „systematisch eigensinnig“ könnte etwa der „Goetheanistische“ Zugang eines Stifters bezeichnet werden, der nicht nur einen eigenen Förderbereich bildet, sondern zugleich die Herangehensweise auch in den anderen Förderbereichen deutlich mitprägt. Beispiele unsystematischer Formen von Eigensinnigkeit finden sich etwa im Falle eines Sportschulschiffes, das auf das Engagement eines Stifters zurückgeht, oder das umfangreiche Projekt „Öffentliche Bibliothek in Ägypten“, welches Ausdruck der freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Stifterfamilie mit der Familie des Staatspräsidenten ist.
Diese drei Beobachtungen können genügen. Sie unterstreichen zugleich die Hoffnung, dass die folgende Publikation ihren Nutzen nicht zuletzt als Material in Verständigungsdiskussionen bei Stiftungen und Stiftern erweisen wird.
Berlin, im August 2005
Rainer Sprengel
Thomas Ebermann