Online-Diskussion: Muslimische Philanthropie in Deutschland – eine Bestandsaufnahme

Datum
14.09.2020
15:00 Uhr - 16:30 Uhr


Obwohl es mittlerweile eine festverankerte muslimische Community in Deutschland gibt – circa 5 Millionen Muslime – ist das Wissen über das Spendenverhalten von Muslimen in Deutschland, aber auch im europäischen Ausland verhältnismäßig dünn. Dabei ist das Prinzip der Wohltätigkeit im Islam tief verankert und bildet einen wichtigen Pfeiler der innerweltlichen Ethik dieser Religion. Ein Grund fehlender Daten ist u.a. die Nichterfassung islamischer Religionsgemeinschaften, beispielsweise bei Steuererhebungen, bei denen nur kirchensteuerberechtigten Religionsgemeinschaften nachvollziehbar erhoben werden.

Um mehr Informationen über Spendenvolumen und -zwecke zu sammeln hat das Maecenata Institut für Philanthropie und Zivilgesellschaft eine Umfrage in Zusammenarbeit mit der muslimischen Wohltätigkeitsorganisation Islamic Relief und ihren Spendern durchgeführt. Neben der Vorstellung der Ergebnisse dieser Studie sollten bei der Onlineveranstaltung Fragen der muslimischen Zivilgesellschaft in Deutschland erörtert werden und eine kurze Einführung in die innerweltliche Ethik des Islams in Bezug auf Wohltätigkeit sowie Einblicke in die Praxis einer muslimischen Wohltätigkeitsorganisation gegeben werden.

Zusammenfassung der Onlinediskussion: 

Die Diskussion wurde von Dr. Rupert Graf Strachwitz (Maecenata Stiftung) moderiert. Beginnend stellten Dr. Siri Hummel und Malte Schrader (Maecenata Stiftung) in einem Input die Studie „Muslimisches Spendenverhalten in Deutschland“ vor. In der anschließenden Diskussion mit den Referierenden gab Tarek Abdelalem (Islamic Relief Deutschland) Einblicke in die konfessionell verankerte Spendenmotivation im Islam. Sein Nachredner Aiman Mazyek (Zentralrat der Muslime DE) betonte die Diskrepanz der Spendenbereitschaft bezogen auf die großzügige humanitäre Hilfe für Herkunftsländer und Katastrophenhilfe, im Gegensatz zur weniger ausgeprägten Spendenbereitschaft für lokale Gemeinden. Er verwies darauf, dass sich das einseitige Spendenverhalten durch etablierte Hilfsorganisationen innerhalb der muslimischen Infrastruktur reproduziert. Resümierend stellte er die Frage nach finanzieller Unterstützung für regionale Gemeinden ohne staatliche Regulationen (vgl. Kirchensteuer) in den Raum.

Aydan Özoğuz (Mitglied des Deutschen Bundestages) knüpfte an diese Fragestellung an und unterstrich, dass z.B. durch die Corona-Pandemie stetige Gelder der Moscheen durch geringen Besuch wegfallen. Sie betonte den zunehmend kritischen Diskurs innerhalb der muslimischen Gemeinschaft mit dem Ziel der Sensibilisierung und des Abwägens darüber, ob durch die Spende ausländischer Politik oder vermehrt auch der eigenen Gemeinde und lokalen Projekten Unterstützung zu Gute kommen soll.

Die vielfältige Diskussion wurde von Rückfragen aus dem Plenum bereichert und es fand ein reger Austausch zwischen den ca. 45 Teilnehmenden und Referierenden statt.

>> Die Studie zum muslimischen Spenden