Observatorium 76 I September 2024 I Ulrich Hufeld
Der Text beleuchtet die Selbstermächtigung der Zivilgesellschaft und ihren wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl. Dabei wird die Zivilgesellschaft als unverzichtbarer Akteur in einer Demokratie hervorgehoben, der durch freie, selbstbestimmte Einmischung in öffentliche Angelegenheiten dem Staat komplementär gegenübersteht und zur Stärkung des Gemeinwesens beiträgt.
Betrachten wir zwei Informationssplitter aus dem Frühjahr 2024. In einer Presseverlautbarung heißt es: „Die selbst ernannten ,Klimaseniorinnen‘, ein Verein kämpferischer Eidgenossinnen im fortgeschrittenen Alter, hatte wegen unzureichender staatlicher Maßnahmen der Schweiz zum Klimaschutz geklagt – und bekam nun vom Menschengerichtshof weitgehend recht.“ In einem ganz anderen Zusammenhang berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung über einen Bundestagsabgeordneten der AfD, der im Gesundheitsausschuss den Platz der Vorsitzenden kaperte und sein absurdes Spiel trieb als „selbsternannter Ausschussvorsitzender“. Zwei Kontexte – verbunden nur über die Zuschreibung „selbst ernannt“, die meist auf Missbilligung zielt. Wenn davon die Rede geht, jemand habe sich selbst ernannt, kommt ein Frechlingsverdacht auf.
Allerdings wäre es bedauerlich, wenn die schneidige Redeweise über eine fundamentale Differenz hinwegginge: Die Selbstermächtigung eines Parlamentsabgeordneten, den Vorsitz im Ausschuss zu führen, ist nicht nur illegal. Es ist ein Kulturfrevel. Zur Parlaments- und Rechtskultur, zur Legitimations- und Verfassungskultur, die wir seit 75 Jahren pflegen, gehört konstitutiv, dass sich niemand selbstermächtigt in ein öffentliches Amt befördert. Wenn das Grundgesetz verlangt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, dann ist das ein Selbstermächtigungsverbot und eine Garantie ohne Ausnahme. Jeder Amtsträger ist angewiesen auf einen abgeleiteten Legitimationstitel, den die Amtsperson nicht freihändig frisieren und basteln kann wie ein Namensschild. Der AfD-Mann hat sich ein Amt angemaßt und damit als Hans Wurst lächerlich gemacht. Ganz anders die Klimaseniorinnen aus der Schweiz! Sie haben sich selbst ernannt und in einem Verein zusammengetan. Ist das ein Problem? Überhaupt nicht! Die Schweizer Damen können das, dürfen das und sollen das, wenn und weil sie es für richtig halten. Auf den komplexen Ableitungszusammenhang in der staatlich-demokratischen Ämter- und Legitimationsordnung sind sie nicht angewiesen. Als Teil der Zivilgesellschaft verfügen sie über den so schlichten wie großartigen Legitimationstitel, den wir Freiheit nennen!
Die freiheitliche und verfasste Gemeinwesen-Ordnung unterscheidet Hoheit und Freiheit, demokratisch fundierte Staatsorganisation und Bürgerfreiheit. Selbstermächtigung ist das Marken- und Erkennungszeichen der freien Bürgerin, des freien Bürgers. Personale Selbstbestimmung muss aber nicht stets auf Privatheit und das right to be let alone, auf Selbstverwirklichung, Gewerbe und Eigentum ausgerichtet sein! Die Zivilgesellschaft nimmt sich kraft Selbstermächtigung, autonom, in aller Freiheit das Recht auf Einmischung in öffentliche Angelegenheiten. Das Grundgesetz und die europäischen Grundrechte schützen auch die tätige Bürgerfreiheit derer, die uneigennützig handeln, ehrenhalber Ämter ohne Amtsgewalt besetzen, sich spontan engagieren oder organisiert im Verein, aus Passion, immer aus freien Stücken.
Den Diktatoren dieser Welt ist diese vervollständigte, auf die öffentlichen Angelegenheiten ausgreifende Selbstermächtigungsfähigkeit aus tiefstem despotischem Herzen zuwider. In Diktaturen wird zivilgesellschaftliches Handeln und erst recht die zivilgesellschaftliche Organisation mit bezeichnender Verlässlichkeit stigmatisiert, drangsaliert, verboten. Wer als Tyrann auf sich hält, schaltet Opposition und Freiheit nicht nur in der Staatsorganisation aus, sondern im ganzen Gemeinwesen. Ewige Sorge des Despoten ist das Monopolbehauptungsproblem. Dagegen hat das freie Gemeinwesen ein ewiges Dualismus-Problem: Wie balancieren wir Hoheit und Freiheit und die je eigenen Legitimationstitel, wenn sich der Staat als der konstituierte, wohlorganisierte und letztverantwortliche Hüter des Gemeinwohls und die Akteure „der“ – in Wahrheit: pluralistischen – Zivilgesellschaft als selbsternannte Verfechter einzelner, spezifischer Gemeinwohlanliegen begegnen?
Wie koordinieren wir ein Zusammenwirken dieser Aspiranten in ihrer Verschiedenheit? Darauf gibt es keine einfache Antwort. Einfach ist die Antwort nur im autoritär-monopolistischen Staat. Im freiheitlich-dualistischen Gemeinwesen der Demokratie und der Grundrechte, in dem Staat und Zivilgesellschaft auf je eigene Art dem Gemeinwohl dienlich sein sollen, müssen wir die Balance immer wieder neu herstellen. Dazu einige Diskussionsanregungen:
1. Infrastruktur für die Zivilgesellschaft. Vonseiten des Staates erwarten wir eine elaborierte Vorleistung, systematische Gesetzgebung hin zu einer Infrastruktur, die Selbstermächtigung begünstigt. Die Akteure der Zivilgesellschaft sind angewiesen auf das Recht der Rechtsformen, auf Vereins-, Stiftungs- und Gesellschaftsrecht, auf die Bereitschaft des Gesetzgebers, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, etwa die gGmbH von der GmbH zu unterscheiden, daran Rechtsfolgen anzuknüpfen, und nicht zuletzt: selbstlose gemeinwohlförderliche Tätigkeit zu stimulieren.
2. Steuerfreie Selbstermächtigung. Zu einer differenzierten Infrastruktur-Gesetzgebung gehört traditionell das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht. Wenn die Begünstigungsnormen als subventive Privilegien beargwöhnt werden, leuchtet das nicht ein. Unser Staat soll gerade nicht Gemeinwohl-Monopolist sein und er kann es nicht sein, weil wir ihn als sektoralen Staat konzipieren. Indem zivilgesellschaftliche Organisation und deren Geldgeber gemeinnützige Anliegen verfolgen, mögen sie mitunter staatliche Tätigkeit substituieren, häufiger aber dringen sie in Kapillaren des gesellschaftlichen Lebens vor, die der Staat selbst nicht erreichen kann. So oder so hat sich die privat-mäzenatische Gemeinwohlfinanzierung die Rechtfertigung der Steuer vorgreiflich zu eigen gemacht. Der nochmalige Zugriff auf das gemeinnützig gebundene Vermögen wäre eine Form der Doppelbesteuerung, die den Eigensinn und die gemeinwohlförderliche Selbstermächtigung der Zivilgesellschaft systemwidrig bestreitet. Das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht ist ein wertvolles Bauelement in der Infrastruktur für die Zivilgesellschaft.
3. Mitverantwortung. In öffentlichen Angelegenheiten kann der Akteur der Zivilgesellschaft komplementäre Kraft entfalten, zumal in der Konzentration auf einen ausgewählten Sachbereich, in der satzungsrechtlich abgesicherten Ausrichtung und Spezialisierung. Etabliert und spezialisiert, kommt er als vertrauenswürdiger Repräsentant in Betracht – auch als repräsentativer Kläger. Eben darin liegt die Bedeutung des Urteils vom 9. April 2024 in Sachen Schweizer Klimaseniorinnen gegen die Schweiz. Dem Verein, nicht den Einzelpersonen hat der Straßburger Gerichtshof die Klagebefugnis zugesprochen, um ehrgeizigere staatliche Maßnahmen gegen den Klimawandel einzufordern. Damit hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, wie zuvor schon der EuGH, einen Weg weiter befestigt, den die Staaten selbst in der Aarhus-Konvention vorgezeichnet haben. Qualifizierte und repräsentative, sachkundige Vereine können als Verbandskläger in Erscheinung treten, als Anwälte des öffentlichen Interesses etwa in der Umweltschutz- und Klimapolitik. In diesen Konstellationen übernimmt die Zivilgesellschaft manifest und greifbar Mitverantwortung: Der klagebefugte Verband schließt eine Lücke im Rechtsschutzsystem, soweit die sog. Verletztenklage nicht in Frage kommt. Anspruchsvoll mandatiert, verhindert er in rechtsstaatlicher Mission, dass Recht und gerichtliche Kontrolle entkoppelt werden.
4. Aktivierte Mitverantwortung. In diesem Punkt folgt die Aarhus-Konvention dem Prinzip Einschleusung: Der Staat aktiviert den privaten, organisierten, in Satzungen formalisierten und spezialisierten Sachverstand der Zivilgesellschaft. Immer häufiger nutzen die Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene die Chancen der Einschleusung in einem Aktivierungsrecht der Kooperation. Altvertraut sind uns die Verbandsvertreter in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der Rat für die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der im Januar 2024 seinen Bericht vorgelegt hat, schlägt einen Medienrat vor, in dem 16 von den Landtagen gewählte Persönlichkeiten sitzen und „32 politikferne Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft in ihrer gesamten Breite und Vielfalt“. Das Prinzip der Einschleusung erweist sich hier besonders deutlich als Kombinations- und Komplementärprinzip: unterschiedliche Fähigkeiten und je eigene Profile der Repräsentation und Legitimation sollen in einem Gremium zusammenwachsen, das über die Auftragserfüllung der Anstalten wacht.
Der Gedanke der Kooperation durch Einschleusung führt uns zur Grundfrage in der Beziehung Staat und Zivilgesellschaft: Welche Rolle spielen die nicht-staatlichen, nicht-erwerbstätigen und nicht-korporatistischen Akteure der Zivilgesellschaft im demokratischen Staatswesen? Nur auf den ersten Blick ist es unschlüssig, nach der Aktionsfähigkeit eines nicht-staatlichen Akteurs im Staatswesen zu fragen. Den Begriff „demokratisches Staatswesen“ hat der Gesetzgeber selbst in das Gemeinnützigkeitsrecht eingeführt. Der Begriff findet sich in § 52 der Abgabenordnung, im Katalog der gemeinnützigen Zwecke, etwas abgeschlagen in der Nr. 24. Dort wird die „allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens“ für das bürgerliche, private Engagement geöffnet. Der Gesetzesbegriff korrespondiert mit der Unterscheidung zwischen dem Staat im engeren Sinne, der Ämterordnung in der Staatsorganisation, und dem Staat im weiteren Sinne, verstanden als Gemeinwesen und bürgerschaftliche Rechtsgemeinschaft. Dieser Staat im weiteren Sinne – das „demokratische Gemeinwesen“ – ist der Entfaltungsraum für zivilgesellschaftliches Engagement. Dort haben die Akteure der Zivilgesellschaft ihren angestammten Platz!
Davon handelt der gerade beim Bundesfinanz-hof anhängige Rechtsstreit zwischen der Petitions- und Kampagnenplattform innn.it e.V. (vormals Change.org) und der Finanzverwaltung. Die Plattform bietet eine Internet-basierte Kampagnenstruktur und seine Kampagnenexpertise an. Inhaltlich und parteipolitisch neutral, ermöglicht sie Petitionen, die jeder Unterstützer elektronisch unterzeichnen kann. Doch das zuständige Berliner Finanzamt verweigert die Anerkennung der Gemeinnützigkeit mit dem Argument, eine Petitionsplattform fördere das demokratische Staatswesen nur dann, wenn es sich um Petitionen im Sinne von Art. 17 des Grundgesetzes handele.
Das ist ein fundamentales Missverständnis, eine verfassungsferne Einengung jener Nr. 24 im AO-Katalog, die wie der gesamte Katalog auf den bürgerlichen und zivilgesellschaftlichen Anteil im demokratischen Gemeinwesen zielt. Das Petitionsrecht des Art. 17 GG ist eine gewiss bedeutsame Schnittstelle zwischen Bürgerschaft und Staat, freilich nur eine spezifische Ausprägung und Verlängerung politischer Freiheit. Ganz gewiss aber hat Art. 17 GG keine Primärfunktion derart, dass er die an Behörden und Parlament adressierten Bitten und Beschwerden privilegiert und die freie Internet-Kampagne als Gemeinwohl-Engagement zweiter Klasse abwertet. Befasst in erster Instanz, hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg dem Finanzamt trefflich entgegengehalten: „Demokratie ist nach Auffassung des Gerichts ohne Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht denkbar.“ Und die Internetplattform sei „einem Demonstrations- und Versammlungsförderverein vergleichbar“ – der Klage sei stattzugeben.
Der Bundesfinanzhof wird im Revisionsverfahren die Nr. 24 im Gemeinnützigkeitskatalog der Abgabenordnung vollständig in den Blick nehmen, auch den zweiten Halbsatz, der „Bestrebungen“ ausnimmt, die auf „Einzelinteressen“ und den „kommunalpolitischen Bereich“ gerichtet sind. Dieser Vorbehalt führt zu der vertrackten Frage, ob die neutrale Plattform ihren Gemeinnützigkeitsstatus verliert, wenn die geförderten Kampagnen ihrerseits nicht durchweg den Katalogzwecken entsprechen. Ich plädiere für eine gemeinnützigkeitsfreundliche Auslegung unter Berufung auf die Gemeinwesen-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das ist die Rechtsprechungslinie seit dem KPD-Urteil von 1956, bekräftigt auch im NPD-Urteil von 2017, die der „ständigen geistigen Auseinandersetzung zwischen den einander begegnenden sozialen Kräften und Interessen, den politischen Ideen“ nicht nur Raum gibt, sondern der „Bildung des Staatswillens“ den richtigen Weg weist. Ständige „gegenseitige Kontrolle und Kritik“ sei die „beste Gewähr für eine (relativ) richtige politische Linie als Resultante und Ausgleich zwischen den im Staat wirksamen politischen Kräften“. In diesen Passagen wird deutlich, dass die staatlich-demokratisch organisierte Ämterordnung und die Gemeinwesen-Demokratie aufeinander angewiesen sind. Unter diesen Vorzeichen kommt es nur darauf an, dass der Verein eine politische Internet-Plattform betreibt.
Eine „ständige Auseinandersetzung zwischen sozialen Kräften“ kann sich nicht auf einen starren Katalog der Abgabenordnung festlegen lassen. Dieser Prozess muss ein freiheitlicher sein, spontan, offen und risikofreudig stattfinden, nicht unter der Fuchtel der Finanzämter. Offenheit, Spontaneität und Risikofreude in der Debatte gehören zum Wagnis der Freiheit. Das offene und streitbare Forum ist der Selbstzweck, der die Auslegung der Nr. 24 im AO-Katalog bestimmen sollte. Im offenen Forum entscheidet sich erst, welchen Themen politisches Gewicht zukommt. Meine Stichprobe hat ergeben: 1.649 Unterschriften gegen den Trikotwechsel der Fußball-Nationalmannschaft; 29.862 Zeichner wollen Pflegegeld für behinderte Kinder auch bei stationärem Aufenthalt über 28 Tage; 32.652 fechten gegen Lebendtiertransporte per Schiff; 27.971 streiten gegen Abschiebungen von Jesidinnen und Jesiden.
Mir ist bewusst, dass die grauenhafte Enthemmung und Verhetzung in der Internet-Kommunikation einen dunklen Schatten wirft auf die gute alte Theorie des Bundesverfassungsgerichts, dass „gegenseitige Kontrolle und Kritik“ die „beste Gewähr für eine (relativ) richtige politische Linie“ sei, jedenfalls auf Ausgleich hoffen lässt. Und doch bleibt die These richtig. Zivilgesellschaftliche Kräfte haben in jüngster Zeit – nach dem Extremistentreffen von Potsdam, nach der pro-Kalifat-Demonstration in Hamburg, nach den kriminellen Übergriffen im Europawahlkampf – sehr eindrucksvoll bewiesen, dass sie nicht nur für einzelne Gemein-wohlbelange einstehen können, sondern auch für das Gemeinwesen selbst. Die Zivilgesellschaft versteht sich dank ihrer – mal organisierten, mal spontanen – Selbstermächtigung auf den Kontrapunkt, das andere Projekt, die Gegendemonstration und die Gegen-Bewegung.
Freiheitsvertrauen und tätiges Engagement versprechen größeren Erfolg als die appellative Norm im Format des neuen Art. 65 Abs. 1a der Bremischen Landesverfassung: „Demokratiefeindlichen Bestrebungen, insbesondere der Wiederbelebung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft, sowie rassistischen, antisemitischen und sonstigen menschenverachtenden Aktivitäten entschieden entgegenzutreten, ist Verpflichtung aller staatlichen Organisation und Verantwortung jeder und jedes Einzelnen.“
Diese Norm unternimmt den ehrenwerten, letztlich aber vergeblichen Versuch, den Gemeinwesen-Dualismus – das Nebeneinander von Hoheit und Freiheit – zu überbrücken. In der Sphäre „aller staatlichen Organisation“, in der Sphäre der Hoheit, ist der Kampf gegen Demokratiefeindlichkeit, Gewalt- und Willkürherrschaft selbstverständliche Staatsräson. Dagegen können wir in der gesellschaftlichen Sphäre die innere Werteloyalität nicht erzwingen, schrilles Rufen nach dem Kalifat schwerlich unterdrücken, allenfalls Trägervereine verbieten und konkrete Handlungen unter Strafe stellen. Das gilt auch für Leute, die ein Magazin vom Schlage „Compact“ herausgeben: Das gedruckte böse Wort kann (erst) verboten werden, wenn es zur kriminellen hetzerischen Tat wird.
Die je eigene Legitimation, die je eigene Funktionslogik des Staates und der Zivilgesellschaft dürfen wir nicht überspielen. Die Eigenbereiche lassen sich nicht fusionieren. Sie können sich aber wechselseitig stärken. Das freie Gemeinwesen findet seinen Anker in der verfassten und wehrfähigen Demokratie. Und ohne die selbstermächtigte, freie, deshalb plurale, auch politische Zivilgesellschaft ist kein Staat zu machen.
Univ.-Prof. Dr. iur. Ulrich Hufeld ist Professor für Öffentliches Recht und Steuerrecht an der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr in Hamburg.
Der Text geht zurück auf das Impulsreferat für das Symposium „Zivilgesellschaft und Staat“ aus Anlass der Übergabe der Geschäftsführung der Maecenata Stiftung am 6. Mai 2024 in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.