1. Engagement fördert das Gefühl der Selbstwirksamkeit
Eigenes Engagement ist für Geflüchtete ist für wichtig, es stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit und der eigenen Handlungsmacht. Viele Geflüchtete, die hierherkommen, erfahren zunächst eine fremde Umwelt, in der sie sich zurechtfinden müssen. Engagement ist eine Form, sich diese Umwelt zu eigen zu machen, mit ihr zu kommunizieren und handlungsfähig zu werden. Denn vielfach ist es so, dass Geflüchtete zunächst Empfänger von Hilfeleistungen sind. Alle Geflüchteten sind auch Objekte verwaltungstechnischer Vorgänge, ohne die eine Gesellschaft Zuwanderung nicht organisieren kann. Umso notwendiger ist es, dass diesen Situationen von Fremdbestimmtheit eigene Handlungsimpulse gegenübergestellt werden können.
2. Engagement ist ein Weg in die Gesellschaft
Engagement kann für Geflüchtete als ein Weg in die Gesellschaft angesehen werden. Denn wer sich engagiert knüpft Kontakte, nutzt soziale Netzwerke und lernt die Umwelt kennen. Engagement ist daher eine Form, mit der neuen Umwelt bekannt zu werden, sich einzufügen und diese Umwelt zu bereichern und zu prägen. Engagement kann daher – neben vielen weiteren Formen – als ein Beitrag zur Integration der Geflüchteten angesehen werden. Engagement trägt mit seiner Vielfalt von Angeboten und Möglichkeiten ebenso viel zur Integration bei wie der Erwerb von Sprachkenntnissen und ein Arbeitsplatz.
3. Engagement hat Brückenfunktion
Der Weg in die Gesellschaft ist nicht leicht. Engagement hat deshalb auch eine Brückenfunktion; oft sind es mehrere Brücken, die nacheinander überquert werden müssen, um ans Ziel zu kommen. Für viele Geflüchtete ist die Welt hier so fremd, dass sie viele Dinge neu lernen müssen. Engagement, auch kurzzeitiges, kann als Training verstanden werden, um zu lernen, wie Organisationen „ticken“, wie man sich in ihnen zu verhalten hat und wie man Kontakte knüpft und nebenbei auch noch die Sprache erlernt. Vielfach dient Engagement als Brücke in ein Praktikum, eine Ausbildung oder in eine andere Art der Beschäftigung.
4. Engagement hängt von persönlichen Voraussetzungen ab
Geflüchtete, die sich in ihrer neuen Umgebung engagieren, waren häufig bereits in ihren Herkunftsländern engagiert, bei Hilfsorganisationen, im Wohlfahrtsbereich oder auch informell. Vielfach bringen Geflüchtete, die sich hier engagieren damit Voraussetzungen mit, die ihnen den Einstieg in ein Engagement erleichtert, ihn befördert oder überhaupt erst möglich macht. Auf solche Voraussetzungen kann kaum eingewirkt werden. Die Herausforderung der hier ansässigen Zivilgesellschaft liegt darin, Strukturen zu schaffen, sodass diejenigen, die – aus welchen Gründen auch immer – noch keine Engagementerfahrung gesammelt haben, einen niedrigschwelligen Zugang finden.
5. Helfergruppen sind wichtig
Für die Entwicklung des Engagements von Geflüchteten sind die Helfergruppen die erste Gelegenheit mit Engagement in Berührung zu kommen. Viele Geflüchtete sind heute selbst in diesen Helfergruppen aktiv, weil damit nicht nur ihr Alltag strukturiert wird, sondern weil sie auch wichtige Dinge weitergeben und anderen helfen können. Geflüchteten wird gezeigt, was Engagement überhaupt ist und welche Haltungen und Motive Engagierte mitbringen. Das Wichtigste aber ist, dass sie Orte sind, in denen Geflüchtete sich selbst engagieren können. Die Helfergruppen sind damit als Lernorte von Engagement unverzichtbar.
6. Engagement ist ein Weg in die Arbeitswelt
Für viele Geflüchtete ist es erstrebenswert, so schnell wie möglich Geld zu verdienen. Die Teilnahme an der Arbeitswelt ist in Deutschland ein wesentlicher Integrationsfaktor. Sich zu engagieren kann für Geflüchtete ein Weg sein, diesem Ziel näher zu kommen. Durch Engagement werden Dinge erlernt, die für eine erfolgreiche Integration in der Arbeitswelt wichtig sind, etwa das Kennenlernen der bestehenden Organisationslandschaft oder der kulturellen Gepflogenheiten und die Verbesserung des sprachlichen Ausdrucksvermögens. Engagement ist daher eine wichtige Form, Voraussetzungen für den und Zugänge zum Arbeitsmarkt zu bekommen. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um einen Automatismus, da es ganz unterschiedliche Formen des Engagements gibt, u.a. auch solches, das nicht in die Arbeitswelt führt, sondern eher informell angelegt und auf die Hilfe für die eigene Gemeinschaft bezogen ist.
7. Initiativen und Programme zur Engagementvermittlung sind notwendig
Es gibt wenige Initiativen mit Programmen zur Vermittlung von Geflüchteten in Engagement. Davon sollte es mehr geben, denn diese bieten niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten in die Zivilgesellschaft an, führen intensive Gespräche mit Geflüchteten und halten nach passenden Engagementgelegenheiten Ausschau. Das Ziel ist nicht einfach, Geflüchtete in Engagement zu bringen, sondern ihnen Lernerfahrungen zu ermöglichen und ihnen eine Brücke zu bauen für die nächsten Schritte in der neuen Umgebung. Wichtig bei diesen Programmen ist auch die Begleitung, mit deren Hilfe Lerneffekte auf beiden Seiten reflektiert und justiert werden können.
8. Eine zivilgesellschaftliche Infrastruktur ist notwendig
Da sich der größte Teil von Geflüchteten innerhalb bestehender Strukturen der Zivilgesellschaft engagiert, ist es wichtig, die zivilgesellschaftliche Infrastruktur entsprechend auszubauen. Mit dieser werden Engagementangebote an Geflüchtete bereitgestellt und sie fungieren auch als Orte der Hilfe für Geflüchtete. Damit dies aber möglich ist, ist es notwendig, dass die Organisationen der zivilgesellschaftlichen Infrastruktur sich entsprechend offen für das Engagement von Geflüchteten zeigen. Das bedeutet, dass sie offen für das Engagement von Geflüchteten sein müssen, ihnen Raum geben, ihre Initiativen unterstützen und ihnen ihre Ressourcen zur Verfügung stellen müssen. Insgesamt zeigt sich, dass eine „abholende“ zivilgesellschaftliche Infrastruktur von entscheidender Bedeutung ist.
9. Informelle Strukturen: Geflüchtete helfen Geflüchteten
Das Engagement von Geflüchteten vollzieht sich häufig abseits der etablierten zivilgesellschaftlichen Strukturen. Vielfach beruht es auf privaten Beziehungen und nicht formalisierten Organisationen. Es gibt unentgeltliche und freiwillige Hilfen von Geflüchteten, die jedoch häufig nicht von ihnen als Engagement bezeichnet oder verstanden werden. Dennoch sind diese Formen Teil des Engagements. Sie sind schwer zu beobachten und nur mit Mühe zu erfassen. Diese Formen sind wichtig, weil sie dazu beitragen, dass Geflüchtete Erfahrungen der Selbstwirksamkeit machen und Handlungsmacht erfahren können.
10. Migrantenorganisationen sind wichtig
Es gründen sich zunehmend mehr Migrantenorganisationen. Sie bieten Möglichkeiten des Engagements von und für Geflüchtete und nehmen eine Vielzahl von Funktionen wahr. Sie sind Lobbyorganisationen, Dienstleister, Partizipationsunternehmer im öffentlichen Raum und eben auch Anbieter von Engagementgelegenheiten. Migrantenorganisationen sind wichtig, weil sie die lokale Infrastruktur bereichern und für die lokale Politik Ansprechpartner sind. Allerdings sind auch Migrantenorganisationen keine neutralen Akteure, sondern verfolgen eine eigene Agenda. Ihre Präsenz erhöht die Engagementoptionen, und die Nähe zum Thema Migration kann Geflüchteten den Anschluss erleichtern.
11. Geflüchtete in Beteiligungsprozesse aufnehmen
Je länger Geflüchtete in Deutschland in den Kommunen ansässig sind, desto mehr können sie in bereits bestehende Beteiligungsprozesse integriert werden. Beteiligungsprozesse gibt es in den Stadtteilen, für Jugendliche, für Migrantinnen und Migranten, in verschiedenen Politikbereichen und auch in den verschiedenen Organisationen. Dazu ist nicht immer die formale deutsche Staatsbürgerschaft notwendig, vielmehr reicht eine Präsenz vor Ort.