„[…] Stiftungen sind weder von der öffentlichen Meinung abhängig, noch werden sie von bestimmten Interessensgruppen, wie beispielsweise Anteilseignern oder Konsumenten, kontrolliert“ (Anheier 1998: 51). Diese Aussage trifft insbesondere auf Stiftungen zu, die ihren Zweck aus den Erträgen ihres Vermögens finanzieren. Gleichzeitig gibt es in Deutschland viele operative Stiftungen, die sich aufgrund ihres geringen Stiftungskapitals nicht selbst tragen können. Viele operative Stiftungen, die eigene Projekte durchführen, sind abhängig von der finanziellen Unterstützung von beispielsweise Staat und Wirtschaft, aber auch von der öffentlichen Wahrnehmung, sie bedürfen Legitimität. Diese Stiftungen bewegen sich damit in einem Spannungsfeld zwischen eigenen Autonomiebestrebungen und bestehenden Umweltabhängigkeiten. Daher stellt sich die Frage, wie Stiftungen mit diesen Spannungen umgehen, um auf der einen Seite ihre Unabhängigkeit zu bewahren und auf der anderen Seite den Anforderungen der Ressourcengeber gerecht zu werden.
Um operative Stiftungen, insbesondere Projektträgerstiftungen, und ihre Abhängigkeit zur Umwelt zu analysieren, werden zwei theoretische Ansätze aus der Organisationssoziologie herangezogen und auf das Fallbeispiel der Stiftung Studienfonds OWL übertragen. Die Theorien befassen sich mit Abhängigkeiten zwischen Organisationen und dem Einfluss dieser auf das organisationale Handeln. Der Ressourcen-Dependenz-Ansatz beschäftigt sich mit der Beziehung und dem Machtverhältnis von Organisationen, zwischen denen eine finanzielle Abhängigkeit besteht. Die zentrale Verhaltensannahme dieses Ansatzes ist, dass die abhängige Organisation mithilfe von sogenannten Balancierungsoperationen das Abhängigkeitsverhältnis zu ihren eigenen Gunsten zu beeinflussen versucht. Während der Ressourcen-Dependenz-Ansatz nur die finanzielle Abhängigkeit berücksichtigt, leistet der soziologische Neo-Institutionalismus einen Erklärungsbeitrag zur Legitimität von Organisationen. Dem Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass Organisationen von der Umwelt nur dann als legitim angesehen werden, wenn sie den Vorstellungen und Erwartungen der Umwelt entsprechen. Die Organisationen sind daher stets mit diesen institutionalisierten Erwartungen konfrontiert und haben dadurch einen geringen Handlungsspielraum. Um den Erwartungen und Anforderungen gerecht zu werden, finden häufig Angleichungsprozesse zwischen Organisationen statt. Dies wird als Isomorphismus bezeichnet.
Der erste Teil der Arbeit widmet sich den organisationssoziologischen Theorien, bevor im zweiten Teil mithilfe der theoretischen Konzepte das Fallbeispiel der Stiftung Studienfonds OWL untersucht wird. Der Studienfonds OWL ist operativ tätig und aufgrund seines geringen Stiftungskapitals von 100.000 Euro auf die finanzielle Unterstützung und Legitimität Dritter angewiesen. Ohne diese kann der Stiftungszweck nicht erfüllt und der Fortbestand nicht gesichert werden. Es soll untersucht werden, ob und welche Balancierungsoperationen die Stiftung unternimmt, um die Abhängigkeit zu Ressourcengebern zu ihrem Vorteil zu gestalten und ob Angleichungsprozesse an andere Organisationen stattfinden. Dabei ist vor allem interessant, ob das Ausmaß der Abhängigkeit auch den Grat des Einflusses auf die Organisation bestimmt.
Bei der Gratwanderung operativer Stiftungen zwischen den Umweltanforderungen und den eigenen Autonomiebestrebungen hat das Management der Organisation eine wichtige Funktion. Für das Management ist es entscheidend, die Handlungslogik und Gestaltungsoptionen der eigenen Organisation sowie die Abhängigkeiten und Ansprüche der komplexen Umwelt zu kennen. Dabei gibt es gravierende Unterschiede zwischen operativen und fördernden Stiftungen. Im Kontext des Seminars Stiftungsmanagement ist die Forschungsfrage und das Beispiel der Stiftung Studienfonds OWL besonders interessant, da thematisiert wird, welche Anforderungen an das Management gestellt werden und sich nachzeichnen lässt, welche Auswirkungen Abhängigkeiten auf das Management einer operativen Stiftung haben.