Einleitung Sieben Goetheinstitute, fünf Forschungsinstitute, ein Studienzentrum, zwei Akademien, zwei Künstlerhäuser, ein Museum und zahlreiche weitere kulturelle Einrichtungen unterhält allein Deutschland in dem Land, „…wo die Citronen blühn.“ (Goethe: „Mignon“; s. Seidel 1960) „So viele, wie in keinem anderen Land und sie sind zum Teil die ersten Gründungen ihrer Art“ betont auch Annette Schavan, deutsche Bundesministerin für Bildung und Forschung.1 Die Vorstellung, dass gerade Italiens arkadisch anmutende Landschaft zu künstlerischer und geistiger Inspiration verhilft, ist dabei nördlich der Alpen ein ungebrochenes Motiv. Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit einer Auswahl von vier deutschsprachigen Einrichtungen in Italien, und zwar mit jenen, denen ein mäzenatischer Ursprung zugrunde liegt. Die Auswahl ergibt sich weiterhin aus der Einschränkung auf solche Institutionen, die zur Künstlerförderung (bzw. zum Austausch von/mit Künstlern) gegründet wurden. Mit der Villa Romana (Florenz) und der Villa Vigoni (Menaggio) werden zwei Vereine mit höchst unterschiedlicher Geschichte und Funktion vorgestellt, mit der Deutschen Akademie in Rom (Villa Massimo) und der Stiftung Istituto Svizzero di Roma (Villa Maraini), zwei staatliche Stipendienhäuser hinzugenommen. Neben Fachliteratur und aktuellen Publikationen der Institutionen, habe ich in alle vier Häuser mittels Gastaufenthalten einen Einblick erhalten können. Die schriftlichen Quellen werden folglich durch aktuelle Gespräche mit den derzeitigen Direktoren, Mitarbeitern, Stipendiaten u.a. ergänzt. Bevor ich auf die »Erben« eingehe, möchte ich mich im 1. Kapitel, gemäß dem Titel dieser Abhandlung, zunächst mit dem Ursprung des Mäzenatentums – mit dem Namensgeber selber, dem römischen Ritter Gaius Cilnius Maecenas auseinandersetzen. Bereits in Hinblick auf die im 2. und 3. Kapitel zu besprechenden Finanzierungsmodelle der Einrichtungen, soll, nach einem biographischen Anriss und zusätzlich zu Persönlichkeitsmerkmalen und Förderungscharakteristika, gefragt werden, welche intrinsischen oder extrinsischen Faktoren Maecenas bei seinem Handeln geleitet haben könnten, so dass gerade er als derart positiv besetzter Bedeutungsträger in die europäische Geistesgeschichte eingegangen ist. Es soll weiterhin untersucht werden, ob unsere heutige Definition des Mäzens, der, im Gegensatz zum Sponsor, als ein Mensch betrachtet wird, der Kulturfinanzierung ohne Gegenleistung und rein aus autotelischer Motivation heraus betreibt, wirklich mit der historischen Person deckungsgleich ist. Kurz gesagt: Wie »funktionierte« die Beziehung zwischen Geld (Maecenas) Polititk (Augustus) und Kunst (Horaz, Vergil u.a.) im augusteischen Rom? In einem kurzen Überblick werde ich danach die für diese Häuser bedeutenden Stifterpersönlichkeiten Heinrich Mylius und Eduard Arnhold vorstellen. Im Mittelpunkt steht hierbei wieder die Frage nach den Anreizen, nach dem, was Menschen dazu bringt, Zeit und Geld, Besitz oder Nachlass, nach Vorbild des Maecenas, in den Dienst der Förderung von Kunst und Wissenschaft zu stellen. Synoptisch werde ich abschließend nach Kriterien suchen, die als übereinstimmende Charakteristika für mäzenatisches Handeln benannt werden können. Bei der sich anschließenden Betrachtung der vier Einrichtungen unter dem Motto vermacht • verwaltet • verändert ? wird es zunächst um die Stiftungsideen der Gründer und um die Frage gehen, inwieweit diese heute noch relevant sind. Da eine Betrachtung der Gesamtgeschichte der Institutionen den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, werde ich mich dabei auf die Darstellung der heutigen Organisationsformen beschränken und den Umgang der »derzeitigen Erben« mit den Ursprungsideen vergleichen, wobei einzelne geschichtliche Fakten nur bei Bedarf flankiert werden.
Es soll ferner untersucht werden, welche Rückbindung, welcher Synergismus zwischen Förderern und Geförderten besteht. Selbst bei jenen Häusern, die einmal in privater (Förder- )Hand lagen, ist die Bundesregierung Deutschland (und im Beispiel der Villa Vigoni zudem die italienische Republik) an der Finanzierung beteiligt. Dies evoziert die Frage, was den Staat heute motiviert, ursprünglich nichtstaatlich geführte Institutionen wie die Villa Romana, oder durch Schenkung in Staatseigentum gelangte Privathäuser wie die Villa Vigoni oder die Villa Maraini, weiterzuführen respektive welche Bedeutung (Profil, Alleinstellungsmerkmale) diesen Einrichtungen (auch im Bewusstsein ihrer Mitfinanzierer, der Steuerzahler) heute noch zukommt. Alle vier Häuser sollen daher einem Zukunftscheck unterzogen werden, bevor das letzte Kapitel »MAECENAS (ST)ERBE(N)?« nach möglichen Finanzierungs-Modifikationen fragt und unter dem Subtitel »Vom Mäzenatentum zum Sponsoring?« an den Anfang der Untersuchung zurückführt.