Die Einnahmequellen der Organisationen des 3.Sektors in Ungarn

Opusculum 33 | 01.06.2009 | Das Ziel der Arbeit ist, die wichtigsten Einnahmequellen der ungarischen Non-Profit-Organisationen zu analysieren, wobei der Schwerpunkt auf die innovative 1%-Philanthropie gesetzt wurde, die als System erst in Ungarn entwickelt wurde, obwohl die Idee von ähnlichen Initiativen in Italien und Spanien inspiriert worden war.

Einleitung

In den letzten Jahren kam es weltweit zu einem intensiven wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interesse an jenen Organisationen, die einen Platz neben Staat und Markt besetzen.1 Diese Organisationen, die Bezeichnungen wie „non-profit“, „volunteer“, „nongovernmental“, „karitativ“ oder „zivilgesellschaftlich“ tragen, sind anscheinend sehr bedeutend. Trotz der Vielfältigkeit zeigen sie eine Vielzahl an gemeinsamen Merkmalen, durch die sie sich als eine abgrenzbare Organisationgruppe, bzw. ein eigenständiger, gesellschaftlicher Sektor interpretieren lassen. Sie gehören weder zum staatlichen System, noch zu den privatwirtschaftlichen Unternehmen. Zum Ziel machen sie sich Aufgaben, die der Gemeinschaft dienen und keinesfalls vom Profit abhängen. So können sich auf den ersten Blick zwei scheinbar sehr unterschiedliche Werte in den Non-Profit-Organisationen (NPOs) verwirklichen: einerseits Freiheit und private Initiative sowie der liberale Gedanke, dass Menschen das Recht auf autonome Entscheidungen haben, die ihren Bedürfnissen und Interessen am besten entsprechen; anderseits geht es um Solidarität und Verantwortung innerhalb der Gemeinschaft bzw. Gesellschaft. So können NPOs als Privatorganisationen einem gesellschaftlichen Zwecken dienen. Aus wirtschaftlicher Perspektive könnten sie als die Organisationen definiert werden, die den größten Teil ihrer Einnahmen aus privaten Spenden gewinnen können. So eine Definition wäre jedoch schon längst durch unterschiedliche Forschungsergebnisse widerlegt worden. Man muss dennoch darauf hinweisen, dass der Non-Profit-Sektor einen wirtschaftlichen Faktor neben dem Staat und dem Markt darstellt. Er weist eine steigende ökonomische und finanzielle Macht, und dadurch auch wichtigen Einfluss auf den Arbeitsmarkt auf. In diesem Zusammenhang scheint die Durchsicht der Einnahmequellen des 3. Sektors unumgänglich zu sein. Der 3. Sektor wird auch stark mit dem Begriff des sozialen Kapitals verbunden.

Das Ziel der Arbeit ist, die wichtigsten Einnahmequellen der ungarischen Non-Profit-Organisationen zu analysieren, wobei der Schwerpunkt auf die innovative 1%- Philanthropie gesetzt wurde, die als System erst in Ungarn entwickelt wurde, obwohl die Idee von ähnlichen Initiativen in Italien und Spanien inspiriert worden war.

In dieser Studie lassen sich zwei Haupteile unterscheiden. Im ersten Teil, der die Kapitel 1. und 2. umfasst, wird der Rahmen für die weitere Beschreibung und Analyse geliefert. Der politische und der geschichtliche Rahmen, die die Entwicklung der ungarischen Zivilgesellschaft und das Verhalten der Akteure nach der Wende im Jahre 1989 beeinflusst haben, werden im ersten Kapitel vorgesellt. Es handelt sich um das Erbe vorangegangener Jahrzehnte und die Neugeburt des 3. Sektors in Ungarn samt den ersten Gesetzen für NPOs. Der historische Überblick zeigt auch die ersten Jahre nach 1989, in denen die entscheidenden Prozesse abgelaufen sind, die zur Herausbildung des 3. Sektors und seiner Abgrenzung von Staat und Markt geführt haben. Im zweiten Kapitel wird auf das Problem der Entscheidungsmechanismen bezüglich der Finanzierung des 3. Sektors hingewiesen, die die theoretischen Grundlagen für die weitere Analyse bilden. Es geht um die Förderpolitik der den 3. Sektor unterstützenden Akteure in Ungarn. Die Analyse der Einnahmequellen wird im 2. Hauptteil fortgesetzt. Besonders der so genannten 1%-Philanthropie, als einer innovativen Quelle der Finanzierung der ungarischen NPOs, wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die 1%-Philanthropie in Ungarn wird auch mit ähnlichen Systemen in anderen Ländern verglichen. Aufgegriffen werden in diesem Kapitel auch die Rolle und Wirkung des Nationalen Zivilfonds, die Relevanz der ehrenamtlichen Arbeit und die Förderungsmittel der Europäischen Union, um die sich die NPOs bewerben können. In einem Fazit werden die wesentlichen Aspekte dieses Beitrags zusammengefasst.

 

1. In dieser Arbeit wird die Auffassung vertreten, dass die Non-Profit-Organisationen einen dritten eigenständigen Sektor, neben dem Staat und dem Markt, bilden. Es handelt sich um ein Paradigma der Drei-Sektoren-Gesellschaft (a paradigm of a Three-Sector society) im Gegensatz zu dem Zwei-Sektoren-Paradigma (Gidron 2008, 20).