Stiftungen als Instrument staatlicher Kulturförderung am Beispiel Niedersachsen

Opusculum 26 | 01.03.2008 | Analyse der Positionierung der niedersächsischen Landeskulturstiftungen als Instrument staatlicher Kulturförderung im Kontext der Kulturpolitik der 15. niedersächsischen Wahlperiode 

1. Der Staat als Stifter und das Paradox der Stiftung als Instrument von Politik

Der deutsche „Stiftungsboom“ hält an. Im Jahr 2006 wurden in Deutschland 899 Stiftungen bürgerlichen Rechts gegründet – so viele wie noch nie zuvor in einem einzigen Jahr. Wurden im Jahr 1996 noch 411 Stiftungen errichtet, hat sich die Zahl der jährlichen Neugründungen somit mittlerweile mehr als verdoppelt. Von den bestehenden über 14.000 deutschen Stiftungen wurde dabei über die Hälfte in den vergangenen zehn Jahren ins Leben gerufen.1 Parallel dazu ist auch ein Zuwachs von Stiftungsgründungen durch die öffentliche Hand zu verzeichnen.2 Prominentestes Beispiel der vergangenen Jahre ist aus dem Kulturbereich die im Jahr 2002 errichtete „Kulturstiftung des Bundes“. Ob dieses Phänomen einer vermehrten Stiftungsgründung durch die öffentliche Hand nun als Ausdruck einer „Flucht des Staates in die Stiftung“3 , gar als ein Outsourcing öffentlicher Aufgaben,4 oder doch als die sinnvolle Installation von „Basislagern“5 eines sich zurückziehenden Staates zu verstehen ist, kann und wird kontrovers diskutiert. Fakt ist aber: Der Staat stiftet und das gerne. Ist eine Stiftung der öffentlichen Hand nach meist langer politischer und auch öffentlicher Diskussion schließlich aus der Taufe gehoben,6 kann die neu gegründete Stiftung ihre Arbeit aufnehmen und durch die Tatsache, dass sie in Zeiten knapper Kassen dennoch – gleichsam im Auftrag des Staates – Geld verteilen kann, macht sie als politisches Instrument sehr beliebt.7 Im Idealfall hält der Staat als Stifter „seine“ Stiftung „at arm’s length“8 und hat sich in der einen oder anderen Form einen Einfluss auf diese gesichert.

 

1 Bundesverband Deutscher Stiftungen (2007).

2 Vgl. Kilian (2003: 15-19).

3 Kilian (2003c: 87).

4 Vgl. Rozek (2003).

5 Peters (2005: 232).

6 Der Errichtung der Kulturstiftung des Bundes ging eine fast dreißig Jahre währende Debatte über die Gründung einer „Deutschen Nationalstiftung“ zur Förderung von Kunst und Kultur voraus, die Willy Brandt (1973: 42) in einer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag am 18. Januar 1973 angeregt hatte.

7 Die Tatsache, dass das Fördervolumen der Stiftungen im Vergleich zur Gesamtförderung durch die öffentliche Hand oftmals nur einen Bruchteil dieses Betrages ausmacht, wird hier anscheinend oftmals ausgeblendet. Bzgl. dieses Verhältnisses im Bereich der Kulturförderung: Mercker/Peters (2005: 180f.).

8 König (2004: 14).