13.02.2023 | Wasser
In den beiden Schlaglichtern des Februars widmen wir uns dem Thema „Wasser“, wobei diese erste Ausgabe insbesondere einen näheren Blick auf das Abwasser und sanitäre Anlagen wirft.
Historisch betrachtet gibt es sie immer wieder, die notorischen Verweigerer des technischen Fortschritts. Über so manche Bemerkung prominenter Figuren aus der Geschichtsschreibung mag man heute schmunzeln. So lehnte der letzte österreichische Kaiser die Schreibmaschine zugunsten handschriftlicher Notate ab, während der letzte Kaiser Deutschlands das Automobil als vorübergehendes Phänomen abtat und seine Hoffnungen auf das Pferd als das Transportmittel der Zukunft projizierte. Das mag amüsieren oder auch befremden, in jedem Fall zeigt es, wie fern uns zeitliche Epochen erscheinen, die faktisch bloß wenige Generationen zurück liegen. Ein Zurück hinter jene Errungenschaften der Moderne scheint undenkbar, denn bahnbrechendes Hightech von heute ist bloßes Alltagsgerät von morgen; alsbald erscheint es uns als selbstverständlich und unspektakulär. Kaum ein Beispiel veranschaulicht das so sehr wie die Toilette in Gestalt des Wasserklosetts.
Die moderne Toilette trat ihren Siegeszug ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an. Abort-Anlagen gab es freilich früher schon: Von recht vornehmen und stets geselligen römischen Latrinen-Einrichtungen mit Wasserzufluss in der Antike sowie „Plumpsklos“ für einzelne Benutzer:innen, die oft als „Stille Örtchen“ deklariert wurden und die der berüchtigte soldatische „Donnerbalken“ kontrastierte, existiert eine breite Varianz an Toilettenkonstrukten und -bezeichnungen. Der modernen Toilette haben wir wiederum mehr zu verdanken als uns allgemeinhin bewusst sein mag. Das zeigt ein einfaches Gedankenexperiment: Was wäre, wenn wir künftig nur einen sehr beschränkten oder auch gar keinen Zugang zu Toiletten oder anderen sanitären Anlagen mehr hätten? In hiesigen Ohren mag das absurd klingen, doch immerhin ist eben jener Umstand für mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung bittere Realität.
Ein Leben ohne gesicherten Zugang zu sanitären Anlagen hat nicht nur erhebliche Konsequenzen für das Wohlbefinden und die Sicherheit, sondern auch für die Gesundheit. Noch im Jahr 2016 belaufen sich Schätzungen zu Todesfällen aufgrund von Durchfallerkrankungen (die wesentlich von schlechter Hygiene verursacht werden) auf über 1,6 Millionen Menschen. Andersherum betrachtet sind Toilettenanlagen und ein funktionierendes Abwassersystem ein wesentlicher Gesundheits-Garant und Wohlstands-Motor. Toilets For All nennt sich jene gemeinnützige Organisation aus der Schweiz, die sich wohl am prominentesten für die Aufklärung über die Toilette einsetzt. Neben Informations-Kampagnen errichtet die Organisation spendenfinanziert Toiletten auf der ganzen Welt. Orientierung bilden dabei die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die das Ziel verfolgen, Menschen weltweit ein gutes Leben zu ermöglichen. Toilets For All weist darauf hin, dass 130 der 169 Unterziele in diesem Rahmen nur mithilfe sanitärer Einrichtungen realisierbar seien.
So sind es nicht selten die für uns selbstverständlichen Dinge, die einen maßgeblichen Beitrag nicht nur zu unserem Wohlbefinden, sondern auch zum sozialen Fortschritt leisten.