Engagierte Menschen

Opusculum 43 | 01.09.2010 | Vier Fallstudien zum Thema Engagement im Rahmen eines Masterseminars mit dem Ausgangspunkt der Zivilgesellschaftsdebatte

Zivilgesellschaftliches Engagement: Eine Einführung von Priska Daphi

Einleitung

Viele Menschen in Deutschland engagieren sich in ihrer Freizeit freiwillig. Der 2009 im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) durchgeführte dritte Freiwilligensurvey konstatiert, dass 36 Prozent der über 14-jährigen in Deutschland ehrenamtlich tätig sind. Sie engagieren sich in Vereinen, Verbänden, Kirchen, Stiftungen, öffentlichen Einrichtungen, Initiativen und in Projekten verschiedener Art (BMFSFJ 2010).

Dies geschieht meist ohne eine finanzielle Gegenleistung. Trotzdem übt die Mehrheit der Menschen, die sich engagieren, das Engagement mindestens einmal in der Woche aus und tut dies über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren (BMFSFJ 2010). Das Thema Engagement hat in den letzten Jahren eine wachsende Bedeutung in öffentlichen und wissenschaftlichen Diskursen gefunden. In diesem Zusammenhang hat sich Engagement zu einem eigenen Politikfeld entwickelt – von den Kommunen bis hin zum Bundestag (vgl. BMFSFJ 2009b, S. 15). So wurde durch einen Beschluss des Bundestages im Jahr 1999 die Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ eingesetzt. Sie hatte den Auftrag, eine Bestandsaufnahme des bürgerschaftlichen Engagements vorzunehmen und daraus Handlungsempfehlungen zu seiner Förderung zu entwickeln (vgl. Enquete 2002). Die Förderung von Engagement hat damit an Bedeutung gewonnen, auch über die politische Sphäre hinaus (z.B. durch Stiftungen und Verbände).

In diesem einführenden Kapitel soll der theoretisch-konzeptionelle Rahmen der in diesem Band vorgestellten Fallstudien gesteckt werden. Hierzu wird zunächst der Begriff des zivilgesellschaftlichen Engagements erläutert und in den Zusammenhang von Diskussionen über Bürger- und Zivilgesellschaft gestellt. Anschließend sollen die existierende Forschung und ihre Defizite beleuchtet werden. In einem dritten und letzten Teil wird – von einer Dichotomie zwischen normativistischen und rationalistischen Erklärungsansätzen Abstand nehmend – ein reziprozitätstheoretischer Ansatz an Engagement vorgestellt.