Opusculum 195 | 20.01.2025 | Umfassende Studie zu zivilgesellschaftlichem Engagement im
Kulturbereich veröffentlicht
In Deutschland findet sich eine vielseitige und -schichtige Kulturszene, die neben öffentlichen und privatwirtschaftlichen Trägern auch insbesondere von zivilgesellschaftlichem Engagement getragen wird. Landauf, landab findet sich eine vielfältige und umfangreiche Palette an kulturellen Angeboten, die von Museen, Sammlungen und Bibliotheken über Kinos und Theater bis hin zu Musikveranstaltungen reicht. Darüber hinaus gibt es zahlreiche soziokulturelle Zentren, Heimatvereine und kulturspezifische Angebote, die speziell auf die Region zugeschnitten sind und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Ohne das zivilgesellschaftliche, freiwillige Engagement (im Folgenden als „zivilgesellschaftliches Kulturengagement“ [ZKE] bezeichnet) wäre die Aufrechterhaltung einer solchen Breite an kulturellen Aktivitäten undenkbar. Die Vielfalt der Tätigkeiten im Rahmen des ZKE ist beeindruckend und reicht von der Gründung von Kulturvereinen über die zeitweilige Unterstützung bei Spendenaktionen, wie beispielsweise Kuchenverkäufen, bis hin zum ehrenamtlichen Musikunterricht durch professionelle Musiker*innen und darüber hinaus. Die Vielfalt des zivilgesellschaftlichen Kulturengagements führt jedoch auch zu einer gewissen faktischen Unsicherheit hinsichtlich des Umfangs, der Verbreitung und Übersicht des ZKE. Ein Gesamtüberblick ist nicht vorhanden.
In den letzten Dekaden hat der Kultursektor in Deutschland signifikantes Wachstum und tiefgreifende Veränderungen erlebt. Neue Felder wie die digitale Kulturproduktion und innovative Formen der kulturellen Partizipation haben sich etabliert, während traditionelle Kulturformen sich weiterentwickelt und an die sich verändernden gesellschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen angepasst haben.
Der Kulturbetrieb in Deutschland hat gleichwohl in den letzten Jahren mehrere tiefgreifende Krisen durchlebt, die sowohl strukturelle als auch finanzielle Herausforderungen mit sich brachten. Zu den prägnantesten Ereignissen zählte die COVID-19-Pandemie, die ab Anfang 2020 zu umfassenden Einschränkungen im kulturellen Sektor führte. Theater, Museen, Konzerthäuser und andere Kultureinrichtungen sahen sich mit Schließungen und dem Ausfall von Veranstaltungen konfrontiert, was erhebliche Einnahmeverluste zur Folge hatte. Diese Situation zwang den Kulturbetrieb zu einer schnellen Anpassung und Suche nach alternativen Präsentationsformen und Einnahmequellen; viele Kultureinrichtungen entwickelten kreative Lösungen, um ihr Publikum zu erreichen und digitale Formate wie Online-Ausstellungen, virtuelle Konzerte und interaktive Workshops gewannen an Bedeutung.
Anstelle einer erwarteten Stabilisierung folgten weitere Krisensituationen, unter anderem der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Dieser Konflikt führte zu einem großen Zustrom von Geflüchteten nach Deutschland, was einerseits mit einem integrativen Kraftaufwand für die Gesellschaft einhergeht, und andererseits haushaltspolitische Auswirkungen nach sich zieht. Die lang- und kurzfristigen Konsequenzen auf die kulturelle Infrastruktur und die kulturelle Vielfalt sind derzeit noch nicht vollständig absehbar.
Das zivilgesellschaftliche Engagement hat traditionell in der Kultur eine zentrale und vielschichtige Rolle. Gleichzeitig verweist diese Unterstützungsleistung auch immer auf die inhärenten Anfälligkeiten des Sektors – die Abhängigkeit von ehrenamtlicher, zivilgesellschaftlicher Arbeit unterstreicht die Notwendigkeit einer nachhaltigen Finanzierung und Unterstützung des Kultursektors einerseits, gleichzeitig bieten die Krisen andererseits auch die Chance, die Rolle und Anerkennung ehrenamtlicher Tätigkeiten im Kulturbereich neu zu bewerten und zu stärken. In der Gesamtschau erfordern die Krisen und deren Bewältigung eine fortlaufende Reflexion und Anpassung seitens der Kulturschaffenden, der Freiwilligen und der Kulturpolitik.
Vor diesem Hintergrund widmet sich der vorliegende Bericht dem Thema des zivilgesellschaftlichen Kulturengagements (ZKE) und bietet eine umfassende Lagebeschreibung. Ziel der Studie ist es, Politik, Wissenschaft, Kulturbetrieb und der Öffentlichkeit eine fundierte Informationsgrundlage zum ZKE bereitzustellen.
Studie Kurzfassung